Merkmale und Kompositionsweise

Desplat ist ein großartiger Filmkomponist, der eine eigene, moderne und vor allem kreative Form hat, Filmen in musikalischer Hinsicht Ausdruck zu verleihen. Es ist dabei schwer seine mehr als 180 veröffentlichte Werke in einzelne Merkmale oder Kompositionsweisen herunterzubrechen.

Ein herrausragendes Merkmal ist auf jeden Fall seine Vielfältigkeit: Manchmal bietet er ein leise vor sich hinsäuselndes Pianosolo an (abspielen: ), welches den Film nur zart "umarmt". Dann erschüttert er den Cineasten mit einem ohrenberstenden Crescendo eines vollen Philharmonieorchester () - um in der nächsten Szene mit tiefem Oboenklang in dunkelstem Moll () dem Zuschauer die Haare zu Berge stehen zu lassen.

Ob lateinamerikanische Klänge wie in "Amazone" (), James-Bond-artigem Trompetenwirbel in Thrillermanier wie in "L'Enquète corse" (), mystisch wirkendem Sirenenklang wie in "Shape of Water" (), oder Folklore wie in "The Fantastic Mr. Fox" () - Alexandre Desplat beherrscht alle Stile - und wendet sie auch an wenn es seiner Ansicht nach geboten ist. Hören wir den Meister dazu:

„Ich bin nicht dogmatisch.
Ich gehöre keiner bestimmten Musikschule an.“

„Ich sehe meine Arbeit als lyrisch, nicht romantisch, oft mit einer raffinierten Orchestrierung. Ich möchte, dass alles gehört wird.“

Desplats Ansatz ist es, den spezifischen Ton jedes Films zu entdecken. Er sagt selbst, dass er zuerst nicht in Melodien denke, sondern in Licht, Farbe, Tempo und Kamerabewegungen einer Geschichte. Welche Textur, Atmosphäre und Geräusche können den Film wirklich umarmen und daran festhalten? Heitere Stimmung? (). Jazzige Atmosphäre? () Mystische und dramatische Textur? () Episch? ()
Erst nach dieser Arbeit kommt die Melodie und Orchestrierung.

Seine Musik versucht somit, die Stimmung des Filmes, der Handlung, ja sogar der einzelnen Szene zu fassen und zu unterstützen:

„In dem Moment, in dem ich einen Film sehe, denke ich nicht an Melodien, sondern an Farben“

„Bevor ich eine Struktur finde und ein Motiv oder einen Charakter schreibe, denke ich darüber nach, was das Orchester spielen wird. Welche Textur braucht dieser Film?“

Seit er 2003 mit dem Soundtrack für den Film Girl with a Pearl Earring für einige der prominentesten Produzenten, Regisseure und Schauspieler meistens epochale Kinofilme musikalisch unterstützt, setzt er grösstenteils auf Kompositionen für Philharmonieorchester. Dabei komponiert er nicht nur die Stücke, sondern dirigiert auch die Orchester, wie zum Beispiel das London Symphony Orchestra, das Royal Philharmonic Orchestra, die tschechischen Philharmoniker, das Berliner Studioorchester, und das Münchner Sinfonieorchester.

Seinen Kompositionen ist oft gemein, daß er einzelnen Teilen des Orchesters die Möglichkeit gibt, in Solos oder kleinen Gruppen zu glänzen (). Dies erlaubt es ihm auch, die besten Solisten für seine Stücke zu bekommen, da sie später namentlich in Rezensionen erwähnt werden und so am Ruhm des Filmes teilhaben können. Auch seiner Liebe zu tiefen Flötentönen ist er in vielen Stücken treu geblieben, sie vermitteln oft eine besondere Atmosphäre in seinen Stücken ().

Desplat setzt auf Emotionen: Seine Musik soll den Charakter der Szenen unterstreichen, den Zuschauer bewegen:

„Das Hauptziel ist es, Musik zu schreiben, die dem Film gewidmet ist, aber dennoch für sich steht.“

„Wenn ich zu einem Konzert gehe, mag ich keinen Solisten, der Noten spielt, ich möchte einen Solisten hören, der Musik spielt. Es geht darum, dich zu bewegen, deine Emotionen zum Zittern zu bringen.“

Einsatz musikalischer Mittel anhand von Notenbeispielen

Das Stück "The Wonder of Life" aus "Afterwards", 2008, wurde mit dem Etoile D'Or ausgezeichnet. Mehrere Male wechselt Desplat während eines langgezogenen Bogens die Stimmlage durch eine einfache, und doch geschickte Überleitung in der Begleitung. Dadurch entsteht Spannung in der ansonsten repetitiven Notenfolge. ()

Für sein Werk in "The imitation Game", 2014, wurde Desplat mit dem Hollywood Film Composer Award ausgezeichnet. Als sich wiederholendes Mittel nutzt er einen mehrmaligen Wechsel in der Betonung um ein Gefühl einer sich auf- und abbauenden Welle zu erzeugen. ()